20. Juli 2022

Bonner Universitätsstiftung unterstützt Exkursion nach Etrurien Bonner Universitätsstiftung unterstützt Exkursion nach Etrurien

Teilnehmende der Exkursion berichten von ihren Erfahrungen und geben Einblicke in die Welt der Archäologie.

In der Zeit vom 02. bis zum 12. Juni 2022 brachen Studierende der Abteilung Klassische Archäologie zu einer Exkursion nach Etrurien, Italien, auf. Im folgenden berichten Dennis Beck, einer der Exkursionsleiter, und Johanna Weiden, eine teilnehmende Studierende, von ihren Erfahrungen.

Die Studierenden der Klassischen Archäologie während ihrer Exkursion.
Die Studierenden der Klassischen Archäologie während ihrer Exkursion. © Dennis Mario Beck/Uni Bonn
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Im Rahmen unserer diesjährigen Exkursion vom 02. bis 12. Juni 2022 nach Italien bestand die Gruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Bentz und Dennis Mario Beck aus 13 Studierenden in unterschiedlichen BA- und MA-Semestern. Die Exkursion, der im Wintersemester 2021/22 eine vorbereitende wöchentliche Übung vorausgegangen war, verfolgte mehrere Ziele: Die Erweiterung und Vertiefung des Wissens zu archäologischen Hinterlassenschaften der etruskischen Kultur; das Erfassen und Verstehen archäologischer Kontexte; das Üben des „vergleichenden Sehens“ sowie das Erlernen und eigenständige Umsetzen von Methoden; das Sammeln von Erfahrungen „im Feld“, die Auseinandersetzung mit publizierten Plänen und dem archäologischen Befund. Von besonderer Bedeutung im Fachgebiet der Archäologie ist dabei außerdem die Möglichkeit, komplexe Zusammenhänge zu verstehen, diese an den Originalbefunden und -funden zu diskutieren und eigenverantwortlich Themenbereiche zu erschließen. Und auch die Möglichkeit, an Führungen von italienischen Kolleg*innen an den Ausgrabungsorten teilzunehmen, war eine wichtige und lehrreiche Erfahrung.

Im Fokus der diesjährigen Exkursion standen vor allem die südetruskischen Städte an der Westküste Italiens, die zum Teil als antike Metropolen und Handelszentren für Waren aus dem gesamten Mittelmeerraum fungierten. Dieses an den jeweiligen Orten gewonnene Bild wurde durch mehrere einst bedeutende Städte im Hinterland ergänzt, kontrastiert und insbesondere im Rahmen der Exkursion diskutiert, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie Parallelentwicklungen und auch Gegensätze zu erfassen. Die Reiseroute beinhaltete daher mehrere Orte mit archäologischen Stätten sowie sieben staatliche und zwei privat finanzierte Museen.

An vielen Orten, beispielsweise gleich am ersten Tag in Tarquinia, war es möglich, die jeweiligen archäologischen Fundkontexte in den Museen als Grundlage für die an den Ausgrabungsstätten sichtbaren Befunde zu diskutieren. An einem der wichtigsten Tempelbefunde der etruskischen Frühzeit, der sog. Ara della Regina, konnten die Kernmerkmale eines etruskischen Tempels an den archäologischen Hinterlassenschaften in Gruppenarbeit diskutiert und im Anschluss zusammengeführt werden. Dieser „Schlüsselbefund“ und die intensive Auseinandersetzung damit halfen besonders bei der Einordnung der Tempel an anderen Orten.

Die in der Nekropole (= große Begräbnisstätte der Antike oder der Vorgeschichte) Tarquinias erarbeiteten Erkenntnisse über das etruskische Bestattungswesen wurden in einem Rundgang durch einige der am besten untersuchten Nekropolen Etruriens in Cerveteri am Folgetag ergänzt. Die dort erhaltenen Gräber bilden nahezu die gesamte Entwicklung der etruskischen Grabarchitektur ab und verschafften somit einen grundlegenden Überblick. Die Umsetzung bereits theoretisch gelernter Grundlagen und die zeitliche Einordnung bestimmter Grabtypen konnte dort schrittweise gemeinsam erarbeitet und angewendet und in Stätten der folgenden Tage vertieft werden. Im Rahmen des Aufenthaltes in Cerveteri konnten die Studierenden in das seit 2019 von unserer Abteilung unter der Leitung von Prof. Bentz betriebene Ausgrabungs- und Aufarbeitungsprojekt in der Monte Abatone-Nekropole Einblick erhalten, um bei zukünftigen Kampagnen (nächste Kampagne im Herbst 2022) mitarbeiten und Grabungs- sowie Projekterfahrung sammeln zu können.

Die in San Giovenale schwerpunktmäßig ergrabenen Wohnstrukturen der Besiedlung des Ortes trugen nicht nur zu einer intensiven Auseinandersetzung mit archäologischen Befundplänen und dem Zuordnen und Erkennen von Strukturen am Befund selbst bei. Sie halfen auch, das etruskische Alltagsleben aufzuarbeiten. Ergänzt wurde dies durch einen Besuch im Nationalen Etruskischen Museum in Viterbo.

Der Schwerpunkt der darauffolgenden Tage lag auf binnenländischen Zentren und deren gegenläufigen Entwicklungen im Bezug zur kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Lage der Küstenstädte. Besonders die Städte Chiusi und Volterra boten einen übersichtlichen Einblick in die Produktion lokaler Handwerkserzeugnisse, die in den Museen der jeweiligen Orte erörtert und vergleichend zum vorher kennengelernten Fundspektrum betrachtet wurden. So konnten das Erkennen und Zuordnen verschiedener Herstellungstechniken und lokaler Besonderheiten in der Entwicklung vor allem der keramischen Produktion kontrastierend vermittelt werden. Daneben hat ein Rundgang in Volterra die erhaltene Architektur verschiedener Installationen und Bauten verdeutlicht. Anhand der Überreste von Stadttoren und -mauern, Thermen und eines römischen Theaters setzten wir uns mit Befundplänen und dem Erkennen von Strukturen und Bautechniken auseinander.

Zudem bot sich die Möglichkeit, weitere Aspekte der archäologischen Forschungsarbeit und der Organisation von Ausgrabungen kennenzulernen. Bei einem Treffen mit den amerikanisch-italienischen Ausgräbern der römischen Kolonie Cosa konnten Eindrücke der aktuell laufenden Grabungsarbeiten gesammelt und sich ein Bild der ehemaligen Stadt bei einer Führung verschafft werden.

Auch in Perugia und Orvieto boten sich Einblicke in die Aktivitäten der Magazine und Museen sowie in die Aufarbeitung und Lagerung von Funden im Rahmen von Grabungskampagnen. Simonetta Stopponi, die die Ausgrabungen auf dem Campo della Fiera in Orvieto seit dem Jahr 2000 leitet, stellte das Bundesheiligtum der Etrusker bei einer Führung durch das Forschungsgebiet und das zugehörige Grabungshaus mit Depot vor. Zuvor im Museum betrachtete Funde konnten direkt mit dem Kontext des Befundes in Verbindung gesetzt werden.

Am letzten Tag wurden die bislang errungenen Erkenntnisse in der Villa Giulia in Rom wiederholt, vertieft und in der Gesamtheit betrachtet. Verschiedene archäologische Gattungen konnten übergreifend in ihrer zeitlichen und geographischen Entwicklung diskutiert und durch ein erweitertes Spektrum der Museumssammlung, das die Funde aller besuchten Orte beinhaltete, ergänzt und vertieft werden.

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