Als Student des Master-Studiengangs „Anthropolgy of the Americas“ nahm ich am 58. „Congreso Internacional de Americanistas“ (ICA) teil, der vom 30.6. bis 04.07.2025 in Novi Sad in Serbien stattfand.
Der ICA ist im interdisziplinären Feld der Lateinamerikastudien eine der größten und relevantesten Konferenzen. Nachdem der Kongress erstmals 1875 abgehalten wurde, jährte er sich in diesem Jahr zum 150. Mal. Dabei kamen etwa 3.000 Wissenschaftler*innen aus Amerika und Europa zusammen, um sich miteinander zu vernetzen und um aktuelle Forschungen zu präsentieren und zu diskutieren. Die Beiträge bildeten ein sehr breites Spektrum von vor allem geisteswissenschaftlichen Disziplinen ab.
Als ich - etwas verspätet - am Dienstagabend ankam, begann der Kongress für mich mit einer Ausstellungseröffnung in der „Galerie Rajko Mamuzić“.
Am Mittwochvormittag besuchte ich den Roundtable „Patrimonio en Diálogo: Desafíos y Oportunidades en las Colecciones de las Américas en Europa“, wo die Teilnehmer*innen mit verschiedenen akademischen Hintergründen aktuelle Fragen der Museumsarbeit diskutierten. Insbesondere wurde sich dabei mit dem Thema der Restituierung von Objekten auseinandergesetzt. Am Nachmittag desselben Tages hörte ich im Symposium „Histories of 20th century ancient America in the 21st century: dealers, museums, collectors, and the academy" eine Reihe von Vorträgen an, die sich vor allem aus der Perspektive der Provenienzforschung mit Sammlungen aus den präkolumbischen Amerikas befassten.
Auch am darauffolgenden Tag besuchte ich erneut ein Symposium über Kulturerbe: „Relações políticas e patrimônio cultural imaterial: possibilidades e desafios“. In den dort präsentierten Forschungen ging es vor allem um politisch motivierte Prozesse der Aufwertung als „Kulturerbe“, wobei der regionale Fokus auf Brasilien lag. Den Nachmittag nutzte ich, um zusammen mit den beiden anderen Organisator*innen letzte Vorbereitungen für das von uns am folgenden Tag ausgerichtete Symposium zu treffen.
Am Morgen des letzten Kongresstages fand das von Verónica Montero Fayad (Universität Bonn), Yannick Dreessen (Ethnologisches Museum Berlin) und mir organisierte Symposium „Explorando el patrimonio como espacio de resonancia: aproximaciones etnográficas hacia nuevas agencias desde las Américas” statt. Darin erprobten wir zusammen mit den Vortragenden und den Zuhörer*innen die Möglichkeit der Anwendung des soziologischen Resonanzkonzepts in den Kulturerbe-Studien. Die Vorträge bildeten dabei unterschiedliche thematische und regionale Perspektiven ab. Dieser theoretisch-explorative Charakter stieß bei den Zuhörer*innen auf großes Interesse, was sich in den anschließenden positiven Rückmeldungen und der angeregten Diskussion widerspiegelte. Ich selbst präsentierte in meinem Vortrag „Eurocentrismo como bloqueo de resonancia en el turismo patrimonial: Etnografía del turismo minero en Potosí, Bolivia“ die Ergebnisse meiner Bachelorarbeit. Am Freitagabend fand mit drei weiteren, digital übertragenen Vorträgen die zweite Hälfte unseres Symposiums statt.
Für mich war der ICA die erste wissenschaftliche Konferenz, auf der ich selbst einen Vortrag halten konnte – eine sehr wertvolle und erfolgreiche Erfahrung. Darüber hinaus konnte ich durch den Austausch und die Eindrücke während des gesamten Kongresses viel Inspiration für zukünftige Arbeiten gewinnen. Insbesondere motivierten mich die Reaktionen auf das von mir mitorganisierte Symposium, mich weiter mit der Resonanztheorie und Kulturerbe zu beschäftigen.
Ich hoffe, auch am nächsten ICA (dann in Medellín in Kolumbien) teilnehmen zu können, und bedanke mich sehr herzlich bei der Bonner Universitätsstiftung und der Geschwister Inge Doris Reitmeister und Margarete Flamme-Stiftung für die finanzielle Unterstützung meiner Reise zum ICA 2025 in Novi Sad!
Ein Reisebericht von Lars-Michael Schacht