10. August 2023

Klassische Archäologie in Kos und Rhodos Klassische Archäologie in Kos und Rhodos

Die Bonner Universitätsstiftung fördert eine Exkursion nach Griechenland

Strahlend blauer Himmel, türkisfarbenes Wasser und ringsherum antike Stätten und Ruinen. Die griechischen Inseln Kos und Rhodos hatten für die Studierenden der Klassischen Archäologie von der Universität Bonn einiges zu bieten. Mithilfe der finanziellen Unterstützung der Bonner Universitätsstiftung konnte die Gruppe auf ihrer Exkursion zahlreiche interessante Eindrücke vor Ort gewinnen und viel Neues lernen. Im folgenden Reisebericht erzählt Hannah Peters von der ereignisreichen Zeit:

Ein Gruppenfoto aus Griechenland
Ein Gruppenfoto aus Griechenland - Die zwanzigköpfige Reisegruppe setzte sich aus Bachelor- und Masterstudierenden sowie Promovierenden der Klassischen Archäologie von der Uni Bonn zusammen. Geleitet wurde die Exkursion von Herrn Professor Dr. Frank Rumscheid und Frau Dr. Luisa Balandat. Professor Dr. Ludwig Morenz war als Unterstützung für den Bereich der Aegyptiaca mit dabei. © Prof. Dr. Frank Rumscheid/Uni Bonn
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„In diesem Jahr führte die Exkursion der Abteilung für Klassische Archäologie auf die zwei größten Inseln der griechischen Inselgruppe Dodekanes: Rhodos und Kos. Eine zwanzigköpfige Gruppe, bestehend aus Bachelor- und Masterstudierenden sowie Promovierenden, machte sich unter der Leitung von Professor Dr. Frank Rumscheid und der Organisation von Dr. Luisa Balandat auf den Weg. Für Unterstützung, hinsichtlich der zahlreich vor allem auf Rhodos zu findenden Aegyptiaca, sorgte Professor Dr. Ludwig Morenz. Die Exkursion fand, nach einer vorbereitenden Übung im Wintersemester 2022/23, vom 22. Mai bis zum 04. Juni 2023 statt.

Eines der Ziele war es, Fragen, die während dieser Übung entstanden waren, vor Ort zu besprechen und, wenn möglich, zu klären. Ferner sollten die Teilnehmenden durch den Besuch der antiken Stätten ein tieferes Verständnis für die Archäologie, Geschichte und Topographie der beiden Inseln erlangen. Auch lässt sich vor Ort die Bandbreite der antiken Kultur, die auf Kos und Rhodos von der Bronze- bis in die römische und spätantike Zeit reicht, wesentlich eindringlicher vermitteln als in den heimischen Hörsälen.

Begonnen hat die Exkursion auf Kos und bot direkt zwei Höhepunkte: In Halasárna, einer antiken Stadt an der Südküste der Insel, konnten wir ein Heiligtum aus hellenistischer Zeit bewundern. Antiken Schriftquellen zufolge wurden dort Apollon Pythaios, aber auch andere Gottheiten wie Artemis, verehrt. Vor Ort sind heute noch Fundamente und Teile aufgehender Architektur sichtbar, die auf mehrere Tempel schließen lassen.

Beim Charmyleion von Pyli handelt es sich um ein monumentales Heroon (=Grabmal und Tempel), das in der Zeit um 300 v. Chr. entstand und Platz für mehrere Bestattungen bot. Das Bauwerk verfügte einst über einen repräsentativen Oberbau, von dem heute nur noch Fragmente vorhanden sind. Die eigentliche Grabkammer ist jedoch noch erhalten. In der mittelalterlichen Kapelle, die die Rückwand des Charmyleions nutzt, sind Teile des Heroons verbaut, etwa die Dedikationsinschrift des Gebäudes, die unsere Gruppe vor Ort ausführlich studieren konnte und die Charmylos als Grabinhaber und Ahnherr bezeugt. Zum Abschluss des Tages unternahmen wir eine Wanderung in eine nahegelegene byzantinische Siedlung, wo wir noch weitere verbaute Teile des Grabmals entdeckten.

In den darauffolgenden Tagen lag der Fokus der Exkursion auf der Stadt Kos. Das moderne Kos überlagert einen Großteil der antiken Stadt, doch konnten einige wichtige Stätten, wie etwa die antike Agorá, zumindest teilweise ausgegraben werden. Die Agorá war während der Antike der Markt- und Versammlungsplatz von Kos und muss eine gewaltige Anlage mit einer Fläche von etwa 14.000 m2 gewesen sein. Einen Eindruck von dieser Größe geben noch die wenigen Überreste der gewaltigen Hallen, welche die Platzanlage umschlossen haben. Ein Bild aus der damaligen Zeit vermitteln beispielsweise auch die Überreste des Freilichttheaters (=Odeion) und einiger Wohnhäuser sowie Thermenanlagen.

Zum Pflichtprogramm für Archäolog*innen gehört auf Kos auch das Asklepieion, das sich rund 4 km außerhalb der Stadt befindet und dem antiken Heilgott Asklepios geweiht war. Bei diesem Heiligtum wurde besonders deutlich, warum es wichtig ist, sich archäologische Hinterlassenschaften vor Ort anzuschauen: Bilder und Karten können die einzigartige Lage des Heiligtums, das auf drei Terrassen ansteigend am Rande des Dikaios-Gebirges liegt, nicht exakt widerspiegeln. Die Anlage auf Kos war schon in der Antike viel besucht, besonders zu Heilzwecken. Auch bei der Exkursionsgruppe, die dort zum Erstaunen des Busfahrers einen ganzen Tag lang alles genau unter die Lupe nahm, hinterließ der Platz einen bleibenden Eindruck.

Abgerundet wurde unsere Zeit in Kos durch den Besuch des Archäologischen Museums sowie der mittelalterlichen Festung Kastro Neratzia und durch die Auseinandersetzung mit den dort ausgestellten Funden der Insel, wie etwa den Statuen aus dem Odeion oder den Grabdenkmälern und -beigaben aus den Nekropolen.

Mit dem Besuch eines Museums ging es auch in Rhodos weiter: Das Archäologische Museum in der Stadt, das sich im ehemaligen Hospital des Johanniter-Ordens befindet, bot einen guten Einstieg in die Archäologie der Insel, da hier Funde aus allen wichtigen Orten und Nekropolen ausgestellt sind. Ergänzt wurden diese Funde durch jene aus dem Gebiet der antiken Stadt Rhodos, die thematisch geordnet in der Ausstellung des Großmeisterpalastes zu sehen sind und im Verlauf der Woche ebenfalls besichtigt wurden.

Wie die Ausstellungsorte schon andeuten, ist die heutige Altstadt Rhodos stark von den Kreuzrittern geprägt, die ebenso wie die Schöpfer der moderneren Stadtviertel die antiken Strukturen nutzten, meist jedoch überbauten. Trotzdem lassen sich auch hier noch manche Elemente des antiken Rhodos nachvollziehen. So verlaufen einige der mittelalterlichen und modernen Straßen noch über den antiken, die in einem orthogonalen Straßennetz angeordnet waren. Das bekannteste Beispiel dafür ist sicherlich die mittelalterliche Rittergasse, die auch am Archäologischen Museum vorbeiführt.

Die antike Stadt Rhodos wurde 408/407 v. Chr. von den deutlich älteren rhodischen Poleis Lindos, Kamiros und Ialysos gegründet und ist nicht zuletzt durch den sogenannten Koloss von Rhodos, einem der sieben Weltwunder der Antike, weltweit bekannt. Der Koloss war eine riesige Metallstatue des Sonnengottes Helios, des Schutzgottes der Stadt. Über den ursprünglichen Aufstellungsort der Statue innerhalb der Stadt gibt es zahlreiche Spekulationen. Während der Exkursion erschien für uns der neuere Vorschlag, die Figur habe neben dem Helios-Tempel auf der Akropolis gestanden, am plausibelsten.

Der Ausflug nach Lindos wird vermutlich allen Teilnehmenden im Gedächtnis bleiben, unter anderem, weil wir uns dort das sogenannte Grab des Kleobulos anschauten. Es liegt der Stadt gegenüber auf der anderen Seite der großen Hafenbucht und ist nur über einen schattenlosen und streckenweise felsigen Wanderpfad zu erreichen. Am Ziel angekommen, wurden wir mit einem Ausblick auf die Akropolis sowie auf das tiefblaue Meer belohnt. Das Grabmal selbst, ein Tumulusgrab aus behauenen Kalksteinen, ist so gut erhalten, dass man es betreten kann. Es stammt zwar aus der Antike, wurde aber später als christliche Kapelle genutzt.

Danach ging es dann auf die gut besuchte Akropolis von Lindos, auf der nicht nur die antiken Griechen ihre Spuren hinterlassen haben, sondern auch die mittelalterlichen Kreuzritter. Am Aufgang zur Akropolis wird man von einem großen Schiffsrelief begrüßt, bevor es durch die Reste der mittelalterlichen Festung steil nach oben zu den antiken Überresten geht. Bauwerke wie der Athena-Tempel wurden weitgehend in der Neuzeit wiederhergestellt und hinterlassen trotz ihres unvollständigen Zustandes einen bleibenden Eindruck von der antiken Akropolis.

Den Abschluss der Exkursion bildete eine Fahrt nach Vroulia ganz im Süden der Insel Rhodos. Dort gab es im 7. und 6. Jh. v. Chr. auf einem Felsen direkt am Meer eine geplant angelegte archaische Siedlung, die die Gruppe ausführlich untersuchte.

Nach einem gemeinsamen abendlichen Abschiedsessen in der Stadt Rhodos ging es am nächsten Morgen nach zwei lehrreichen und intensiven Wochen zurück nach Bonn."

Ein Bericht von Hannah Peters, M.A.

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